Annotation |
Annotation: Großteils fiktive Biographie der ersten österreichischen Schriftstellerin, eingewoben in den gut recherchierten bunten Teppich mittelalterlichen (religiösen) Lebens. Rezension: "... und wenn sie das rote Tuch aus dem Turm-Fenster hängt, dann bittet sie einen ihrer Söhne um einen Bibelkommentar aus der Göttweiger Klosterbibliothek..." So etwa klingt ein Detail aus der literarisch freien Erzählung über das Leben von Frau Ava, einer mittelalterlichen Witwe und "Klausnerin" (=Einsiedlerin), die als erste Frau biblische Geschichten in die mittelhochdeutsche Sprache überträgt. Die Autorin versucht, sich erzählend und mittels genauer historischer Recherchen einer Frau anzunähern, von der bloß das literarische Schaffen und das Todesdatum bekannt sind. Sie nützt auf diese Art geschickt den großen Freiraum, mittelalterliches Denken und Lebensgefühl, aber auch empathisches Empfinden für eine schreibende und bibelinteressierte Frau darzustellen und in Episoden und Dialogen zu erschließen. Monastisches Leben in Göttweig und im Benediktinerinnenkloster am Fuße des Berges, die bedrückende Situation der Kreuzzüge, soziale Verhältnisse der Bevölkerung in Abhängigkeit von den Grundeigentümern und den Klöstern kontrastieren mit Erdverbundenheit und Kräuterkundigkeit vieler Frauen und der Aufgeschlossenheit des Landesfürsten, Luitpold III und seiner Frau Agnes. Blühender Aberglaube und eine angstbesetzte Verkündigung der Kirche, die von Höllenstrafen und Tod spricht, kontrastieren mit der modern klingenden menschenfreundlichen "Theologie" von Frau Ava. So abgehoben und jahrhundertverstaubt das auch klingen mag, die Autorin zieht die LeserInnen durch lebendige Dialoge und einfühlende Darstellung zutiefst menschlicher Probleme in den Bann des Geschehens. Österreichische Geschichte vor knapp tausend Jahren wird greifbar und auch ein wenig begreifbarer - und der Grande Dame religiösen Schaffens im Mittelalter wird ein Denkmal gesetzt. *ag* Gertie Wagerer |