Annotation |
Rezension: Es war einmal ein Junge, der lebte in einem kleinen Dorf in Südschweden und obwohl er Emil hieß, wurde er in den deutschsprachigen Gegenden unter dem Namen Michel bekannt, Michel aus Lönneberga. Er war fünf Jahre alt und hatte Phantasie für mindestens das Doppelte. Er war für manche Erwachsene ein Alptraum. Michel ist jetzt wieder aufgetaucht: fast sieben Jahre älter geworden und in Norwegen heimisch. Und er hat noch mal den Namen gewechselt. Er heißt jetzt Espen. Espen Herbert Knutsen. Er hat immer noch reichlich Phantasie, ist aufgeweckt, neugierig und an fast allem interessiert. Und hat oft "Lust, etwas Nützliches zu tun." Kurz: Er vereinigt alle jene Eigenschaften, die (kinderlose) Erwachsene an den lieben Kleinen theoretisch so gerne haben. Für manche Erwachsene ist er immer noch ein Alptraum. Die zwei Wochen, von denen uns der Held mittels Tagebucheintragungen erzählt, beginnen damit, dass er in der Zeitung von einem Holländer - übrigens heißt er auch Herbert - liest, der sieben Millionen im Lotto gewonnen hat. Und wenige Stunden später von einem Bus überfahren wurde und gelähmt ist. Wie meint Espen ganz richtig zum Leser: "Du kannst nie wissen, was passieren wird. Und das kann ich natürlich auch nicht, aber ich bereite mich gern so gut ich kann auf alles vor." Das heißt: Espen ruft alle möglichen Beratungsstellen an, solange er sie noch nicht braucht. Er versucht, blind durchs Leben zu gehen, solange er noch sehen kann. Er testet Feuerlöscher und Brandmelder, solange es noch nicht brennt. Er lässt die Wohnung Behinderten gerecht umbauen, solange alle Familienmitglieder noch gesund sind. Der norwegische Autor lässt seinen Helden in einem vorgeblich naiven und zugleich altklugen Ton sprechen, der die LeserInnen immer wieder vertraulich miteinbezieht in seine Gedankenwelt. Er baut den Plot sorgfältig auf, lässt eine Aktion der anderen klug folgen, immer subtil angekündigt, immer deutlich gesteigert - bis es am Ende zu einer Art Implosion kommt. Es sind in erster Linie die Eltern die Leid tragenden eines derart zum Chaos begabten Kindes, daher ist das Lesevergnügen für die Kinder sehr groß. Aber ausgesprochen humorvolle (oder kinderlose) Erwachsenen werden auch ihren Spaß daran haben. So wie damals, als Espen noch Michel hieß. *ag* Franz Lettner |