Annotation |
Ein amerikanischer Jude ergreift Partei für die Palästinenser. (GE) Norman Finkelstein, bekannt geworden durch "Die Holocaust-Industrie", wirft den Israelis vor, die Erinnerung an das Leid der Juden "wie eine Keule" zu schwingen, "um abweichende Meinungen niederzuknüppeln". Er pocht darauf, dass Kritik am jüdischen Staat nicht gleichbedeutend sei mit mangelnder Sensibilität dem jüdischen Martyrium gegenüber. Der amerikanische Jude und Sohn von Holocaust-Überlebenden besuchte in den Jahren 1988 bis 1993 jährlich die Palästinensergebiete, schloss dabei enge Freundschaften mit palästinensischen Familien und veröffentlicht in diesem Buch sehr persönliche Berichte und Reflexionen über das Leben in den besetzten Gebieten. Die Dokumente und Erfahrungsberichte, die der Autor über die Zustände in den Internierungslagern, die Folterungen und Demütigungen seitens der Israelis gesammelt hat, sind erschütternd. Die Kehrseite dieses sehr persönlich gehaltenen Buches aber sind die ausgesprochen subjektiven Beurteilungen und Bewertungen Finkelsteins, die das Buch dominieren. Aussagen wie beispielsweise, dass der Irak bei all seinen Menschenrechtsverletzungen "nichts anderes" tat, "als sich einfach ein Beispiel an seinem Nachbarn Israel zu nehmen", hinterlassen einen Nachgeschmack von Unsachlichkeit und Voreingenommenheit. Im Grunde praktiziert Finkelstein selbst, was er an anderen so massiv kritisiert: Doppelmoral. Während er die Verfehlungen Israels an den Pranger stellt, entschuldigt er die Palästinenser und verschweigt ihre Vergehen. Auf die Selbstmordattentate kommt er erst im Nachwort zu sprechen und behauptet, dass Israel versucht "die Attentate jedesmal verzweifelt zu provozieren, sobald es eine Kampfpause gibt". Man gewinnt den Eindruck, dass sich der Autor kaum um Objektivität bemüht, sondern bedingungslos Partei für die Palästinenser ergreift. Ein Buch für kritische Leser/innen. *bn* Gabriele Reifinger |