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Der alte Widerstandskämpfer Milo Dor warnt mit der Stimme seiner Romanfigur Raikow vor neofaschistischen Tendenzen. (DR) Wie schon in den drei Romanen "Tote auf Urlaub", "Nichts als Erinnerung" und "Die weiße Stadt" ist auch in diesem Buch Mladen Raikow die Hauptfigur mit stark autobiographischen Zügen des Verfassers Milo Dor. Der alt, ein wenig gebrechlich, aber nicht müde gewordene Raikow muß verbittert feststellen, daß längst begraben geglaubte faschistische Tendenzen Auferstehung feiern. Eine rechtsextreme "Fortschrittsbewegung" mit einem starken Mann an der Spitze erfreut sich enormen Zulaufs. Gehetzt wird vor allem gegen Ausländer, eine neue Ordnung soll durch Bespitzelung (Lauschangriff und Rasterfahndung) und Sondermaßnahmen (Arbeitslager für arbeitsscheue Elemente) gestützt werden. In einem kleinformatigen Massenblatt ist Raikow, dessen jüdische und balkanesische Herkunft auf dem abgebildeten Foto besonders stark zur Geltung kommt, als "serbisch-kosmopolitische Schmeißfliege am gesunden Volkskörper" bezeichnet worden. Seine Wohnung wird abgehört, wenn er mit seiner Frau oder mit Freunden offen sprechen möchte, muß er entweder die Badewanne einlaufen lassen oder den Fernsehapparat über Zimmerlautstärke aufdrehen. Den Gedanken an gemeinsamen Selbstmord in der immer bedrohlicher werdenden Situation verwerfen Raikow und seine Frau, stattdessen setzen sie sich in ein unbekanntes, vermutlich südliches Land ab, nicht ohne vorher das Manuskript dem fiktiven Herausgeber überlassen zu haben. - Engagiert, besorgt und warnend schildert diese knapp über hundert Seiten starke Geschichte das Szenario eines neuen autoritären Staates, in die eine gleichgültige, bequeme und unkritische Gesellschaft unversehens schlittern kann. *bn* Maria Schmuckermair |
